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Beihilfe in Bund und Ländern:
Gesetzliche Pflegeversicherung
Pflegeversicherung als Zweig der Sozialversicherung
Zum 1. Januar 1995 wurde die Pflegeversicherung als eigenständiger Zweig der Sozialversicherung eingerichtet. Es gilt der Grundsatz: Wer in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, gehört der sozialen Pflegeversicherung an. Privat Krankenversicherte mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen mussten ab 1. Januar 1995 eine private Pflegeversicherung abschließen. Die Ausgaben der sozialen Pflegeversicherung werden durch Beiträge finanziert. Die Beitragshöhe richtet sich nach dem Einkommen. Dabei gelten dieselben Beitragsbemessungsgrenzen wie in der Krankenversicherung. Seit 1. Juli 2008 beträgt der Beitragssatz 1,95 Prozent.
Wer als Beschäftigter freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, erhält von seinem Arbeitgeber als Beitragszuschuss die Hälfte des Beitrages, den er aus dem Arbeitsentgelt zur sozialen Pflegeversicherung zahlen muss. Einen Beitragszuschuss in gleicher Höhe erhalten auch die Beschäftigten, die in der privaten Pflegeversicherung pflichtversichert sind. Unterhaltsberechtigte Kinder und Ehegatten sind im Rahmen der Regeln der Familienversicherung beitragsfrei mitversichert.
Beamtinnen und Beamte, die im Pflegefall auch Anspruch auf Beihilfeleistungen haben, zahlen nicht mehr als die Hälfte dieser Höchstbeiträge. Die Beiträge gelten einheitlich für Männer und Frauen. Kinder sind wie in der sozialen Pflegeversicherung beitragsfrei mitversichert. Bei der Versicherungspflicht der Pflegeversicherung gelten die für die Krankenversicherung geregelten Voraussetzungen. Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung haben die Möglichkeit, sich von der Versicherungspflicht zu befreien. Dem Antrag muss ein Nachweis eines gleichwertigen Vertrages bei einem privaten Pflegeversicherungsunternehmen beigefügt werden. Sollten privat Krankenversicherte später einmal in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig werden, können sie den privaten Vertrag mit Wirkung vom Eintritt der Versicherungspflicht an kündigen. Die private Pflegeversicherung muss gewährleisten, dass ihre Leistungen denen der sozialen Pflegeversicherunggleichwertig sind. Für Familien und ältere Versicherte muss die private Pflegeversicherung angemessene Bedingungen und Prämien anbieten. Auch Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, eine private Pflegeversicherung abzuschließen – es sei denn, sie gehören der gesetzlichen Krankenversicherung an. Dabei handelt es sich um eine Restkostenversicherung, die die Beihilfe ergänzt.
TIPP
Soziale Regelung in der privaten Pflegeversicherung
Für die private Pflege-Pflichtversicherung gelten bereits viele soziale Schutzbestimmungen. Neu eingeführt werden soziale Regelungen zur Tragung der Beiträge bei niedrigem Einkommen analog zum Basistarif in der privaten Krankenversicherung.
Vermittlung von Zusatzversicherungen
Pflegekassen können künftig private Pflege-Zusatzversicherungen für jene vermitteln, die sich zusätzlich absichern möchten.
Mitnahmemöglichkeit der Altersrückstellungen
Wie in der privaten Krankenversicherung gibt es in Zukunft auch bei der privaten Pflege-Pflichtversicherung die Möglichkeit, seine Altersrückstellungen in eine andere Kasse mitzunehmen. Dies gilt für Neu- und Bestandsfälle ab 1. Januar 2009.
WORTLAUT
§ 28 SGB XI Leistungsarten, Grundsätze (auszugsweise)
(1) Die Pflegeversicherung gewährt folgende Leistungen:
1. Pflegesachleistung,
2. Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen,
3. Kombination von Geldleistung und Sachleistung,
4. häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson,
5. Pflegehilfsmittel und technische Hilfen,
6. Tagespflege und Nachtpflege,
7. Kurzzeitpflege,
8. vollstationäre Pflege,
9. Pflege in vollstationären Einrichtungen der Behindertenhilfe,
10. Leistungen zur sozialen Sicherung der Pflegepersonen,
11. Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen.
(2) Personen, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit und Pflege Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, erhalten die jeweils zustehenden Leistungen zur Hälfte; dies gilt auch für den Wert von Sachleistungen.
(3) Die Pflegekassen und die Leistungserbringer haben sicherzustellen, dass die Leistungen nach Absatz 1 nach allgemein anerkanntem Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse erbracht werden.
(4) Die Pflege soll auch die Aktivierung des Pflegebedürftigen zum Ziel haben, um vorhandene Fähigkeiten zu erhalten und, soweit dies möglich ist, verlorene Fähigkeiten zurückzugewinnen. Um der Gefahr einer Vereinsamung des Pflegebedürftigen entgegenzuwirken, sollen bei der Leistungserbringung auch die Bedürfnisse des Pflege bedürftigen nach Kommunikation berücksichtigt werden.
TIPP
Hilfeleistungen
Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens gelten beispielsweise:
- Im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, das Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung,
- im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung,
- im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung,
- im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
Pflegebedürftigkeit
Wer bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen (siehe Kasten) des täglichen Lebens dauerhaft, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße auf Hilfe angewiesen ist, gilt als pflegebedürftig. Der Hilfebedarf erstreckt sich auf die
- Körperpflege
- die Ernährung
- die Mobilität und
- hauswirtschaftliche Versorgung
Die Hilfeleistung besteht darin, einen anderen Menschen im Ablauf des täglichen Lebens zu unterstützen, die Verrichtungen ganz oder teilweise zu übernehmen oder ihn dabei zu beaufsichtigen und anzuleiten.
Für die Leistungsgewährung sind pflegebedürftige Personen einer von drei Pflegestufen zuzuordnen:
- Pflegestufe I
Erheblich pflegebedürftig: Die zu pflegende Person benötigt mindestens einmal am Tag Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung.
- Pflegestufe II
Schwer pflegebedürftig: Die zu pflegende Person benötigt mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung.
- Pflegestufe III
Schwerstpflegebedürftig: Die zu pflegende Person benötigt täglich rund um die Uhr, auch nachts, Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung.
Die Zuordnung pflegebedürftiger Kinder richtet sich danach, wie viel zusätzliche Hilfe gegenüber einem gleichaltrigen gesunden Kind benötigt wird. Ob und in welchem Umfang ein Mensch pflegebedürftig ist, wird im Rahmen einer Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung festgestellt. Hierzu führt dieser eine Untersuchung des Pflegebedürftigen in dessen Wohnbereich durch.
Leistungsumfang
Die Leistungen der Pflegeversicherung richten sich nach der Pflegestufe und danach, ob jemand ambulant oder stationär gepflegt werden muss. Dabei gelten zwei Grundsätze: „Prävention (Vorsorge) und Rehabilitation (Wiederherstellung der Gesundheit) vor Pflege" und „ambulante Pflege vor stationärer Pflege".
Die häusliche Pflege hat Vorrang vor einer stationären Unterbringung. Aus diesem Grund legt das Gesetz seinen Schwerpunkt auf die Leistungen, die die Bedingungen für die häusliche Pflege verbessern und die Pflegenden entlasten. Die Höhe der häuslichen Pflegeleistungen richtet sich nach der jeweiligen Pflegestufe (siehe Tabelle). In der sozialen Pflegeversicherung steht dem Pflegebedürftigen ein Wahlrecht zwischen der Sachleistung (Pflegeeinsätze durch einen Vertragspartner der Pflegekasse, z. B. Sozialstation) und der Geldleistung (für eine selbst beschaffte Pflegekraft, mit der der Pflegebedürftige die erforderliche Pflege in geeigneter Weise selbst sicherstellt, z. B. Angehörige) zu. Auch eine Kombination von Sach- und Geldleistungen ist möglich.
Weitere Leistungen der Pflegeversicherung sind:
- Pflegehilfsmittel (z. B. Pflegebett),
- Zuschüsse zum pflegebedingten Umbau der Wohnung bis zu 2.557 Euro je Maßnahme unter Berücksichtigung eines angemessenen Eigenanteils, wenn andere Finanzierungsmöglichkeiten ausscheiden,
- unentgeltliche Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen.
Versicherte mit Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge erhalten, wenn sie in der sozialen Pflegeversicherung versichert sind, die jeweils zustehenden Leistungen nur zur Hälfte. Deshalb halbiert sich für sie der zu zahlende Beitrag. Privat pflegeversicherte Beamtinnen und Beamte erhalten alle genannten Leistungen entsprechend ihrem Beihilfeanspruch anteilig von ihrer privaten Pflegeversicherung.
Urlaubs-Pflegevertretung
Wenn die Pflegeperson, die einen Menschen ambulant pflegt, verreist oder aus anderen Gründen verhindert ist, hat der Pflegebedürftige einen Anspruch auf eine Vertretung, und zwar bis zu vier Wochen im Jahr bis zu gewissen Höchstwerten. Voraussetzung ist, dass die Pflegeperson den Pflegebedürftigen vor der ersten Inanspruchnahme dieser Leistung schon mindestens zwölf Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat.
Teilstationäre und Kurzzeitpflege
Wenn die häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt wird, kann der Pflegebedürftige teilstationär in Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege betreut oder – falls auch dies nicht ausreicht – in eine Kurzzeit-Pflegeeinrichtung aufgenommen werden. Dabei unterstützt die Pflegeversicherung, indem sie bestimmte Beträge übernimmt.
URTEILE
Zu versichernde Pflegeperson
Als in der Rentenversicherung zu versichernde Pflegeperson gilt jeder, der einen pflegebedürftigen Menschen nicht erwerbsmäßig mindestens 14 Stunden in der Woche in seiner häuslichen Umgebung pflegt.
Soziale Sicherung von Pflegepersonen
Wer einen Menschen zu Hause pflegt, nimmt große Belastungen auf sich. Häufig müssen die Pflegenden auf eine eigene Berufstätigkeit ganz oder teilweise verzichten. Deshalb gelten auch für Pflegende besondere Regelungen, um zumindest eine Freistellung bzw. rentenrechtliche Berücksichtigung zu ermöglichen. Näheres hierzu ist im Pflegezeitgesetz geregelt.
Wer einen anderen Menschen pflegt und deshalb nicht oder nur bis zu 30 Stunden in der Woche erwerbstätig sein kann, ist künftig in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Antrag versicherungspflichtig. Die Beiträge übernimmt die Pflegeversicherung. Die Höhe der Beiträge richtet sich danach, wie schwer die Pflegebedürftigkeit ist und wie viel Zeit die Pflegeperson deshalb für die notwendige Betreuung aufwenden muss. Die Pflegenden genießen darüber hinaus während ihrer Pflegetätigkeit auch den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Stationäre Pflege
Ist eine häusliche oder teilstationäre Pflege nicht mehr möglich, greifen die stationären Pflegeleistungen, die bei Bedarf in Härtefällen für Schwerstpflegebedürftige nochmals aufgestockt werden können. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung muss der Versicherte – wie bei der häuslichen Pflege auch – selbst tragen.
Erweiterungen durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz
Mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz soll die Pflegeversicherung ab dem Jahr 2008 besser auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen ausrichtet werden. Dabei ist insbesondere vorgesehen:
- Schaffung von Pflegestützpunkten
- Einführung einer Pflegezeit
- Ambulante und stationäre Leistungen werden schrittweise angehoben
- Menschen mit der so genannten Pflegestufe 0 können künftig Leistungen erhalten
- Pflegebedürftige und deren Angehörige werden über die Qualität jeder Pflegeeinrichtung informiert. Die Prüfungen der Pflegeeinrichtung müssen in einer ersten Runde bis Ende 2010 abgeschlossen sein. Danach erfolgen sie jährlich. Beurteilt wird nach dem Schulnotenprinzip, das heißt von „sehr gut" bis „mangelhaft".
Gesetzlich versicherte Beamte
Bei gesetzlich pflegeversicherten Versorgungsempfängern erfolgt die Verteilung der Leistungen zwischen Beihilfe und Pflegekasse nicht entsprechend dem Beihilfesatz von 70 Prozent und dem ergänzenden Satz von 30 Prozent – zu beachten ist hier § 28 Abs. 2 SGB XI, wonach Personen, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit und Pflege Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben, die jeweils zustehenden Leistungen bzw. den Wert der Sachleistungen zur Hälfte erhalten.
Red 20210902 - Stand: Juni 2011